Die Geschichte der Formel-1-Fahrzeuge ist geprägt von mutigen Pionieren, technischen Meilensteinen und so manch skurriler Idee. Wir blicken zurück, wie aus den Boliden der 50er die heutigen Spitzenfahrzeuge von Mercedes-AMG wurden.
Die Geburtsstunde der Königsklasse des Motorsports schlug 1950 in Silverstone, Großbritannien. Und die noch junge Formel 1 lieferte bereits zu Beginn das erhoffte Spektakel. Alfa Romeo entfesselte mit einem Reihen-Achtzylinder bereits 1951 unglaubliche 430 PS. Auf den vielversprechenden Start folgten zwei Jahre der Ernüchterung. 1952 und 1953 waren nicht ausreichend Fahrzeuge vorhanden und es musste auf Motoren mit Vierzylinder und nur 2 Liter Hubraum aus der Formel 2 zurückgegriffen werden. Mit den Zylindern purzelten auch die Leistungen und die PS-Zahlen rangierten zwischen 175 und 190. Mitte der 50er erfolgte jedoch die ersehnte Rückkehr zu den Formel-1-Motoren.
Ab 1960 sorgten Sicherheitsbedenken für eine Regulierung der Motorenleistung auf 1,5 Liter ohne Aufladung. Es waren die kleinsten Motoren der Formel-1-Geschichte, die bis Mitte der 60er eine maximale Leistung von 230 PS erreichten. In der Zwischenzeit etablierten sich der Vierradantrieb und das Sechsganggetriebe. Um fortwährende Stagnation zu verhindern und mehr Hersteller in die Rennserie zu locken, überarbeitete die FIA das Regelwerk. Das neue Limit waren 3 Liter Hubraum oder 1,5 Liter mit integriertem Turbolader, dazu herrschte freie Motoren- und Zylinderwahl.
70 Jahre Formel 1
Sie wollen noch mehr über die spannende und ereignisreiche Geschichte der Formel 1 erfahren? In unserem Rückblick lassen wir die letzten 70 Jahre der Königsklasse des Motorsports Revue passieren. Blicken Sie mit uns zurück auf die Anfänge der Formel 1, die dominantesten Fahrer und die unvergesslichsten Rennen der Formel-1-Geschichte.
In den Siebzigern sorgten die häufig identischen Motoren für kreative Lösungen der Ingenieure und die Aerodynamik gewann zunehmend an Bedeutung. Damals waren nur wenige Hersteller in der Lage, eigene Motoren zu konstruieren. Es war ein Jahrzehnt der bahnbrechenden Neuerungen und Exoten. 1971 erreichte zum Beispiel die Gasturbine von Pratt & Whitney stolze 520 PS, konnte sich aufgrund des hohen Gewichts und Verbrauchs aber nie etablieren. Auch das Design der Fahrzeuge passte sich an: Kühlelemente wanderten an die Seiten, die Lufteinlassungen wurden imposanter und nach wie vor dominierten die übergroßen Hinterreifen das Erscheinungsbild der Rennboliden.
Manch Zuschauer hat sich beim Anblick des Tyrrel P 34 vermutlich verwundert die Augen gerieben. Der mit sechs Reifen ausgestattete P 34 sollte eine skurrile Randerscheinung der Geschichte bleiben. Nachhaltigen Eindruck hinterließen die zuvor vernachlässigten Turbolader, die ungeahnte Leistungen ermöglichten und denen sich sogar die Motorenprüfstände geschlagen geben mussten – bei über 5,0 Bar Ladedruck und 1000 PS kapitulierte die Technik. Wo genau der Rekord lag, konnte nicht dokumentiert werden. Mit ihrem Vierzylinder und berechneten 1430 PS beanspruchte BMW diesen Rekord jedoch für sich. 1989 war Schluss für die Turbolader. Bereits zwei Jahre zuvor wurde der Hubraum der Sauger auf 3,5 Liter erhöht, für 830 PS in der Spitze.
1957: Revolution im Fahrzeugdesign
Mehr Leistung stand nicht gleichzeitig für mehr Erfolg, denn die Weltmeistertitel 1959 und 1960 sicherte sich der Cooper-Climax mit einem Defizit von 60 PS auf die Spitzenteams. Ermöglicht wurde dies durch einen bereits 1957 entwickelten, technischen Kniff der Ingenieure, die den Motor erstmals hinter dem Fahrer positionierten und damit einen Meilenstein im Fahrzeugdesign legten.
1968: Das Jahr der Aerodynamik
In Monaco etablierte Lotus mit dem Frontflügel die Basis für kommende Aerodynamik-Konzepte in der Formel 1. Doch die anderen Teams schliefen nicht. Bereits im nächsten Rennen trumpften Ferrari und Brabham zusätzlich mit separaten Heckflügeln auf, um noch mehr Downforce zu erzeugen.
1972: Gurtpflicht für mehr Sicherheit
Das Vermächtnis von Jackie Stewart in der Formel 1 reichte über seine sportlichen Erfolge auf der Strecke hinaus. Wie kein Zweiter setzte sich der dreimalige Weltmeister für mehr Sicherheit in der Formel 1 ein und war treibende Kraft für die Gurtpflicht und einer Vielzahl weiterer Reformen.
1977: Die Dominanz der Turbolader
Ende der Siebziger feierten die Turbolader ihren Durchbruch. Mit ihnen stiegen die Leistungen der Fahrzeuge in ungeahnte Höhen, die selbst die Technik der Prüfstände an ihre Grenzen brachte. Erst nach zwölf Jahren setzte die FIA der Dominanz ein Ende.
1989: Halbautomatisches Getriebe für mehr Effizienz
Mit dem halbautomatischen Getriebe revolutionierte Ferrari die Schaltung. Die Idee dafür geisterte schon einige Jahre zuvor durch die Formel 1. Fortan konnten Piloten die Gänge direkt über das Lenkrad wechseln, ohne wertvolle Zeit zu verlieren.
Mit den 90ern hielten die prägnant hohen Fahrzeugnasen Einzug in die Formel 1. Die Entwicklungen der folgenden Jahre wurden jedoch von schweren Unfällen geprägt. Nach der Tragödie von Imola 1994, bei der Roland Ratzenberger und Ayrton Senna ihr Leben verloren, wurden die Sauger wieder auf 3 Liter gedrosselt. Außerdem wurde die Cockpit-Konstruktion überarbeitet, um tödliche Unfälle in Zukunft zu verhindern. Nach den ersten Fahrerkabinen aus Kohlefaser in den Achtzigern, wurde die Kompaktheit der Fahrzeuge verstärkt und Ende der Neunziger Rillenreifen eingeführt, um die Geschwindigkeit in den Kurven weiter zu reduzieren.
Das neue Jahrtausend begann mit der sukzessiven Drosselung der Saugmotoren. Kurzfristig konnten durch hohe Drehzahlen und ein geringes Gewicht die neuen 3-Liter-Motoren auf bis zu 968 PS gebracht werden. Als Reaktion auf die steigenden PS-Zahlen erfolgte eine erneute Limitierung auf V8-Motoren mit 2,4 Liter Hubraum und einige Zeit später sogar ein Entwicklungsstopp. In der Folge rangierte Mercedes mit rund 760 PS an der Spitze. Mit dem neuartigen KERS-System konnte diese Leistung kurzfristig um weitere 80 PS erhöht werden.
Auch in den letzten zwanzig Jahren hatte sich einiges an den Fahrzeugen und dem Regelwerk der Formel 1 getan. Insbesondere das Jahr 2010 war für Mercedes-AMG mit der Gründung des eigenen Werkteams ein Meilenstein im Motorsport. Mit den W-Modellen entwickelte sich Mercedes-AMG im letzten Jahrzehnt zur dominanten Kraft in der Formel 1.
W 01
Der MGP W01 war 2010 das erste Fahrzeug des neugegründeten Mercedes GP Petronas Formel 1-Werksteam und das erste reine Werksfahrzeug seit den Fünfzigerjahren. Unter der Haube ruhte ein V8-Saugmotor mit 2,4 Liter Hubraum. Ästhetisch glänzte der in Silber gehaltene Bolide mit türkisen Nuancen und einem einzigartigen Überrollbügel hinter dem Piloten, um die Luft in den Motor und über das Heck zu leiten. Inklusive Fahrer brachte der Silberpfeil 620 Kilogramm auf die Waage. Pilotiert wurde der W01 von niemand Geringerem als Formel-1-Legende Michael Schumacher sowie Teamkollege Nico Rosberg. Zusammen leitete das Duo eine neue Ära für Mercedes-AMG ein, die mit dem vierten Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft begann.
W 05
2014 startete Mercedes-AMG mit dem F1 W05 Hybrid in die neue Hybrid-Ära der Formel 1. Die neuen 1,6 Liter V6-Turbomotoren fanden ebenso wie das ERS-System und das Achtganggetriebe ihren Einzug. Das Mindestgewicht der Fahrzeuge wurde auf 691 Kilo angehoben und die Drehzahl auf 15.000/min begrenzt. Fortan gab es nur noch ein zentrales Auspuffrohr und die Nasen der Rennboliden reichten erstmals nicht über den Frontflügel hinaus. Die größte Herausforderung der Ingenieure war, das Chassis an den vollkommen neuen und eigens konstruierten Antriebsstrang anzupassen. Die Mühen der letzten Jahre waren nicht umsonst und am Ende der Saison sprangen für das Team der Weltmeistertitel für Lewis Hamilton sowie die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft heraus.
W 08
Die Saison 2017 wurde von umfangreichen Regeländerungen im Bereich der Aerodynamik begleitet, die das gesamte Fahrzeugdesign veränderten. Der F1 W08 EQ Power+ war nicht nur länger und breiter als seine Vorgänger, sondern verfügte über einen größeren Frontflügel, kleineren Heckflügel sowie eine Haifischflosse und einen T-Flügel auf dem Heck. Die Größe der Reifen wurde um ca. 25 % erhöht und es gab ein Gewichtslimit für bestimmte Komponenten wie die MGU-H oder MGU-K. Aufgrund der inkonstanten Leistungen des Fahrzeuges verdiente sich der W08 intern den liebevollen Spitznamen „Diva“. Letztlich trotzte das Team den Problemen, fuhr die vierte Doppel-Weltmeisterschaft in Folge ein und wurde zum ersten Team, das nach gravierenden Regeländerungen den Weltmeistertitel verteidigen konnte.
Zu Beginn der Formel-1-Saison 2021 präsentierte Mercedes-AMG den F1 W12 Performance. Neben der schwarzen Grundlackierung, die auch bereits im Vorjahr zum Einsatz kam, bestach das Fahrzeug vor allem durch ein neues Aerodynamik-Konzept.